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Swetlana Mengel, Halle

Gegenläufige Entwicklungstendenzen im Deklinationssystem des Ukrainischen und Weißrussischen der Gegenwart im Vergleich zum Russischen




Prof. Dr. Swetlana Mengel
Institut für Slavistik
der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg
mengel@slavistik.uni-halle.de

15. April 1999

Gegenläufige Entwicklungstendenzen im Deklinationssystem des Ukrainischen und Weißrussischen der Gegenwart im Vergleich zum Russischen

Swetlana Mengel

Die Umgestaltung des Deklinationssystems im Slawischen vom Stammauslautprinzip, welches im Urslawischen das indogemanische Erbe repräsentierte, zum Genusprinzip ist bekanntlich eine der wichtigsten Entwicklungen, die die slawischen Einzelsprachen auf dem Wege zu ihrer Herausbildung erlebt haben und die bis heute als ein lebendiger Prozess funktioniert. (Denken wir in diesem Zusammenhang an die Tendenz in einigen gegenwärtigen großrussischen Mundarten zur Herausbildung nur zweier Deklinationtypen – Maskulina + Neutra gegenüber den Feminina – im Gegensatz zum 3-Typen-System in der Standardsprache).

Die gemeinsame Entwicklungsrichtung des gemeinsamen Erbes führte aber zu unterschiedlichen Resultaten auch in den nahe verwandten Sprachen, die über eine längere gemeinsame Entwicklungsphase verfügen, wie das Russische, Ukrainische und Weißrussische . Die Reduzierung der urslawischen Deklinationsparadigmen auf drei Haupttypen hat hier z.T. unterschiedliche Ergebnisse und Endungsvarianten zur Folge, wie es einige Studien unter verschiedenen Gesichtspunkten bereits gezeigt haben (Vgl. LOMTEV 1961, ANICENKA 1973, ZATOVKANJUK 1975).

In meiner Untersuchung gehe ich vom gegenwärtigen Zustand der substantivischen Deklination in den ostslawischen Standardsprachen aus und setze mir im folgenden Vortrag zum Ziel, die vorhandenen Unterschiede aufzuzeichnen und ihre Ursachen retrospektiv exemplarisch zu verfolgen.

Mein Ziel ist es auch, die vorhandenen, aus dem gemeinslawischen Erbe entstandenen Endungsvarianten zu analysieren und ihre Existenz in der jeweiligen Sprache als kodifizierte Normvarianten oder gleichberechtigte Dubletten zu definieren.

In Anlehnung an die Auffassung von Eugenio COSERIU (1958,1974), sehe ich die Aufgabe der Norm in der Auswahl zwischen den im System gegebenen Möglichkeiten zur Wiedergabe bestimmter Bedeutungen auf allen Sprachebenen, wobei eine Variante (oder einige Varianten) bevorzugt wird.

So wären zum Erreichen meiner Zielstellung folgende drei Fragen zu beantworten:

  1. Dienen die verschiedenen Endungsvarianten innerhalb eines Kasus zum Ausdruck unterschiedlicher morphologisch-syntaktischer Bedeutungen?
  2. Ist der Gebrauch der Endungsvarianten im historischen Zustand der Sprache verankert?
  3. Weist die jeweilige Sprache andere Normierungstendenzen auf, die durch spezifische inner- und außersprachliche Faktoren bedingt sind?

Die erste Frage bedarf meiner Meinung nach zuerst einiger theoretischer Erläuterungen.
Sie ergibt sich de facto aus der großen funktionalen Belastung der Kasus in den indogermanischen und damit in den slawischen Sprachen. Die Feststellung von Václav MAREŠ, dass im frühurslawischen Deklinationssystem für den Ausdruck der unterschiedlichen Ptosis verschiedene formale Mittel innerhalb jedes Deklinationstyps notwendig waren (MAREŠ 1962, 14), bewegt zu Nachforschungen, wie sich diese Mittel nach der Reduzierung der Deklinationstypen im Ostslawischen (von 6 auf 3 Haupttypen) verhalten und wie sie mit der Polyfunktionalität der einzelnen Kasus verbunden sind. Indirekt veranlasst diese Tatsache meiner Meinung nach Roman JAKOBSON schon 1936, die russischen "Gestaltungskasus" Genitiv II und Lokativ II auf -u auszugliedern (JAKOBSON 1936,278).

Das angesprochene Problem fällt in gewisser Weise ins Revier der Kasuslehre, die mit ihren Ansätzen auf das frühe 19.-20.Jh. zurückblickt. Außer der Arbeit von Franz WÜLLNER 1821 nenne ich die Werke von RUMPEL 1845 und MARTY 1910. Die Entwicklung dieses Wissenschaftszweigs verläuft in zwei Richtungen: 1. die Kasustheorie, welche mehr auf strukturalistischen Ansätzen aufbaut und in ihrer Untersuchungen von der Oberflächenstruktur ausgeht, 2. die Kasusgrammatik mit generativem Herangehen und Analyse der Tiefenstruktur. Eine ausführliche kritische Übersicht zu dieser Problematik bietet die Monographie von Gerd FREIDHOF 1978, die selbst einen Beitrag zur Entwicklung der Kasusgrammatik leistet. Ich nenne hier nur die Namen der wichtigsten Vertreter der Kasustheorie HJELMSLEV, JAKOBSON, DE GROOT, KURYLOWICZ und der Kasusgrammatik in ihren beiden Richtungen FILLMORE, NILSEN – ANDERSON, ŠAUMJAN.

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass das Thema Kasus in den 80er Jahren unseres Jahrhunderts insbesondere in der Syntaxforschung seine Renaissance erlebt, womit auch der alte Streit um die prinzipielle Funktion dieser Kategorie wieder zum Tragen kommt, vgl. wir dazu die Arbeiten von WIERZBICKA 1980, 1988; BRECHT und LEVINE; COMRIE; KLOBUKOV; MELCUK (alle Studien vom 1986); NEIDLE 1988 u.a. Allein in der deutschen Slawistik sind unter anderen folgende Abhandlungen zu erwähnen: SCHMITT 1986; SEIDEL 1988; TROST 1992; HENTSCHEL 1992, 1993; HUBENSCHMID 1993.

Bei meiner Untersuchung habe ich mir aber nicht die Aufgabe gestellt, zur Entwicklung der Kasuslehre beizutragen, sondern ihre Errungenschaften zu nutzen, um die im Gegenwartsostslawischen als gemeinslawisches Erbe existierenden Endungsvarianten in bezug auf ihre "semantische Markierung" zu überprüfen. Dennoch ist es notwendig, meinen Standpunkt in diesem Zusammenhang zu verdeutlichen.

Als Arbeitsbegriff für den gegenwärtigen Zustand meiner Untersuchung benutze ich den Begriff "Kasus" in seinem traditionellen Sinne als grammatische Kategorie der Oberflächenstruktur.

In diesem Zusammenhang erweist sich bei der Betrachtung der Kasusfunktionen im Ostslawischen vorerst die Anlehnung an die Moskauer grammatische Schule (PEŠKOVSKIJ, KUZNECOV, SIDOROV, PANOV u.a.) als tragbar, mit ihrem zentralen Begriff der "positionellen Methode (oder Analyse)" und mit der Betrachtung des Kasus unter dem VINOGRADOVschen Postulat " o vzaimoobuslovlennosti morfologii i sintaksa ". Heute führt Jevgenij KLOBUKOV als Vertreter dieser Schule in seiner zweifelsohne interessanten Abhandlung von 1986 (die jedoch leider fast jeglicher Übersicht und Kritik der westlichen Theorien im Gegensatz zur sowjetischen entbehrt) den Begriff des "funktional-semantischen Paradigmas der Kasusform" ein. Der Terminus " Fukcional´no-semanticeskaja paradigma padeznoj formy " beinhaltet dabei klass "ee (padeznoj formy) znacenij, zakonomerno ceredujuscichsja v sootvetstvii s izmenenijami pozicij, v kotorych vystupaet dannaja forma " (S.5). Die Beschreibung der semantischen Paradigmatik der Kasusformen erfolgt im Sinne funktionaler Grammatik ausgehend von Ausdrucksmitteln (= Form) zur Funktion (= Bedeutung).

Weiterhin halte ich mich bei der Betrachtung der Kasusfunktionen im Ostslawischen weitgehend an die Beschreibung von SKALICKA für das Neutschechische (SKALICKA 1950), wie auch an die Arbeiten von MAREŠ (1962, 1973 u.a.). Die Endungsvarianten der Kasus werden von mir als formbezogene Mittel hinsichtlich ihrer "semantischen Markierung" (Ukrainskaja grammatika 1986, 140) untersucht und als potentielle Träger der unterschiedlichen Funktionen der Kasus auf der morphosyntaktischen Ebene (nach KORENSKI 1972) (= morphologisch-syntaktische Bedeutungen der Kasus, vgl. VINOGRADOV 1947) analysiert.

Das Problem der "tatsächlichen" Anzahl der Kasus (nach POTEBNJA 1958) bzw. "morphologisch realisierter" Kasus (nach JAKOBSON 1936) in den zu analysierenden ostslawischen Sprachen ist für das Ziel meiner Untersuchung nur am Rande relevant. An dieser Stelle möchte ich aber anmerken, dass die Frage nach der Identifikation der Kasus (besonders in der Rusistik) eine beinahe zentrale Rolle spielt. Wenn PEŠKOVSKIJ (1956) mit der Methode der diagnostischen Kontexte ( frazovoe sklonenie ) und KOLMOGOROV – USPENSKIJ (1957) durch die "formale Prozedur" auf die traditionellen sechs Kasus im Russischen kommen, gliedert ZALIZNJAK (1967) mit seinem "Ein-Kasus-Reihe-Identifikationsverfahren" (Menge der Situationen) 14 Kasus heraus. In seiner Kritik bemerkt hier SEIDEL (1988), dass die Identifikation der Kasus auf der Grammatizität bzw. Nichtgrammatizität intuitiv etablierter semantischer Rollen basiert. Die Begriffe "Kontext" und "Zustand/semantische Rolle" bei ZALIZNJAK entsprechen ungefähr den Begriffen der passiven oberflächensyntaktischen Rollen einer Wortform (d.h. deren Fähigkeiten, als Dependens einer bestimmten oberflächensyntaktischen Relation aufzutreten) bei MELCUK (1977, 1986). Diese zwei grundverschiedenen Konzeptionen zur Identifikation der Kasus lassen nur deswegen eine derartige Gegenüberstellung zu, weil die beide Autoren nach Meinung von HUBENSCHMID 1993 "einemorphologische Definition von Kasus" zu geben versuchen. Als Alternative sieht er ein semantisches Herangehen an die Kasusidentifikation von COMRIE (1986), der einerseits eine schärfere Trennung zwischen Form und Funktion sowie anderseits eine Synthese beider Ebenen vorschlägt. Dennoch erweisen sich m.E. die Kasus COMRIEs letztendlich entweder nur als distributiv oder formal.

Als fruchtbar könnte sich in dieser Beziehung meiner Meinung nach die Anwendung der Prototypen-Theorie natürlicher Kategorien nach Elenor ROSCH (1976, 1977, 1978, 1988) herausstellen. Kurz zusammengefasst, expliziert die Prototypen-Theorie, dass die Mitglieder einer natürlichen Kategorie (im Gegensatz zu jenen der künstlichen Kategorie) nicht alle den gleichen Status haben müssen – es gibt unter ihnen manche, die für die Kategorie als ganze repräsentativer sind als die übrigen. Diese von Hause aus psychologische Konzeption wurde bis jetzt in der Linguistik von Ioannis KAKRIDIS 1993 und seiner Meinung nach von JANDA 1986, 1988 für die Wortbildung wie auch von LAMPRECHT 1992 für die Beschreibung parenthetischer Konstruktionen angewandt. Dennoch erscheinen mir in diesem Sinne auch die Arbeiten von WIERZBICKA 1980, 1981, 1988 zur Behandlung der Oberflächenkasus produktiv. Die Autorin ist der Ansicht, dass alle konkreten Verwendungen eines Kasus miteinander semantisch verbunden sind. Obwohl ihre Auffassung ein anderes Ähnlichkeitskonzept als bei JAKOBSON 1936, 1958 darstellen soll, wo alle Verwendungen eines gegebenen Kasus einen gemeinsamen Nenner haben, sind m.E. in den beiden Konzeptionen wie auch bei den ZALIZNJAKschen "selbstständigen" aber "schwach differenzierten" Präpositiv und Lokativ und noch mehr beim zentralen ( osnovnoj ) Genitiv und den komplementären ( dopolnitel´nye ) Partitiv, Numerativ1(vgl. ISSACENKO 1958) undNumerativ2 (nach KLOBUKOV 1986) gewisse Ansätze der Prototypensemantik nicht zu übersehen. In diesem Sinne könnte auch das Modell von KLOBUKOV mit dem Kern aus zentralen präpositonslosen Kasus, den ihnen gegenübergestellten komplementären Kasus und den peripheren präpositionalen Kasus in gewisser Weise verstanden werden.

Die Berücksichtigung der Prototypen-Theorie wäre mein dritter Anknüpfungspunkt bei der Betrachtung der Kasusfunktionen im Ostslawischen.

Zur theoretischen Grundlage meiner Untersuchung möchte ich abschließend nur folgendes betonen. Zwischen den zwei verschiedenen Argumentationskomplexen, für die die Aufsätze von FILLMORE "The Case for Case" (1968) und von WIERZBICKA "The case for surface case" (1980) plädieren, entscheide ich mich für die Oberflächenkasus.

In diesem zeitlich begrenzten Rahmen beschränke ich meine Ausführungen exemplarisch auf die Deklination von Maskulina im Singular in jeder der drei ostslawischen Sprachen (s.g. "1.Deklination" im Russischen und Weißrussischen, "2.Deklination" im Ukrainischen), denen bekanntlich die Maskulina der historischen *o/jo-Deklination, der *u-Deklination, der konsonantischen Deklination und der *i-Deklination zugrunde liegen (vgl. Bsp.1).

Zur besagten Deklination von Maskulina im Singular in den ostslawischen Gegenwartssprachen wäre im allgemeinen zunächst zu bemerken, dass das Standardrussische im Vergleich zum Ukrainischen und Weißrussischen die spezifische Vokativ-Form verloren hat. Die entsprechende morphologische Bedeutung übernimmt hier der Nominativ. Als eine Folge dieses Verlustes sehen einige Wissenschaftler (SOBOLEVSKIJ 1907, KREPKICH 1979) die Entstehung der Nominativ-Formen auf -e, welche schon in den Birkenrinden-Urkunden des 11.-15.Jh. aus dem Raum Pskov-Novgorod vorkommen und bis heute in diesen Dialekten präsent sind (vgl. Bsp.2 ). Andere dagegen (VERMER 1991, KRYS'KO 1993) erklären die o.g. Nominativ-Formen als einen gesetzmäßigen Prozeß im Urindogermanischen, analog zu dessen Kehrseite die Entwicklung des neuen Vokativs im russischen Prostorecie bei Substantiven der 2.Deklination, d.h. mam! (<mama); Vas'! (<Vasja); Tan'! (<Tanja), betrachtet werden kann (KUZNECOV 1953).Die ukrainischenGrammatiken kodifizieren denVokativ, obwohl dabei oft der Terminus "klina forma" im Gegensatz zum "vidminok" für alle anderen Kasus verwendet wird. Im Weißrussischen (nach Gutschmidt 1973,179) ist der Vokativ nur noch teilweise erhalten geblieben und im wesentlichen auf die Sprache der schönen Literatur beschränkt.

Bei einem Vergleich der Kasussysteme des Russischen mit denen des Ukrainischen und des Weißrussischen liegen die Hauptunterschiede für o.g. Maskulina im Genitiv , Dativ und Präpositiv (vgl. Bsp.3 ). Auf diese Kasus gehe ich im weiteren näher ein.

Genitiv Singular

Der Genitiv Singular der untersuchten Maskulina weist in allen drei ostslawischen Gegenwartssprachen die Endungsvarianten -a und -u auf, die auf die alte *o- und *u-Deklination zurückgehen (vgl. Bsp . 4 ).

Der Unterschied liegt in der Verwendung entsprechender Endungsvarianten in der jeweiligen Sprache.
Im Russischen gilt die Endung -a als regulär für alle morphologisch-syntaktischen Bedeutungen des Genitivs, wobei die Endung -u die Bedeutung des Genitivus partitivus bei Bezeichnungen von "unbeseelten nichtzählbaren Gegenständen oder abstrakten Begriffen" realisieren kann (Russkaja grammatika 1980,I,486).(Auf weitere geringe Besonderheiten gehe ich hier nicht ein, vgl. Bsp . 5 )

Dabei nehmen die Genitiv-Formen auf -u im Russischen kontinuierlich ab, was durch lexikalisch-semantische, phraseologische und stilistische Einschränkungen ihrer Verwendung einerseits und durch unbegrenzten und normativen Gebrauch der Formen auf -a anderseits zu erklären wäre (Russkaja grammatika 1980,I,488).

Hinsichtlich stilistischer Färbung gehören die Formen auf -u der "gesprochenen Rede" ("razgovornaja rec i otrazajuscie ee zanry chudozestvennoj literatury"), wie die Russkaja grammatika von 1980 (S.488) festlegt. In den 70er Jahren wurde übrigens diese Erscheinung zuerst als eine Tendenz der Sprachentwicklung betrachtet (vgl. Zatovkanjuk 1975,86f.)

So ähnelt die Feststellung der Akademiegrammatik von 1980 der Beschreibung der Distribution von -a und -u-Formen des Genitivs in der "Rossijskaja grammatika" (1755) von M.V.Lomonosov, der die Formen auf -u als "vom Kirchenslawischen weit entfernte" charakterisierte und beide Endungsvarianten stilistisch markiert bei ein und demselben Substantiv zuließ (vgl. Bsp.6 )(Lomonosov 1952,457f.)

Die heutigen großrussischen Mundarten kennen die beiden Endungen -a und -u als gleichberechtigte Dubletten (vgl. Pozarickaja 1982,81f), wobei die Endung -u bedeutend weiter als in der Standardsprache verbreitet ist und sich sogar auf beseelte Substantive erstreckt (vgl. Bsp.7).

Im Ukrainischen und im Weißrussischen ist die Endung -u im Genitiv Singular weit verbreitet und wird in modernen Grammatiken ukrainischer Sprache sogar an erster Stelle genannt (z.B. Terlak u.a. 1992,56).

In bezug auf die morphologisch-syntaktische Bedeutung weisen die Endungen -u und -a keine Unterschiede auf, ausgenommen, dass die Endung -u nicht bei Personenbezeichnungen und bei beseelten Substantiven im allgemeinen auftreten kann. Außerdem unternehmen die meisten Grammatiken den Versuch, die zahlreichen lexikalisch-semantischen Gruppen von Substantiven mit Genitiv auf -u oder -a auszugliedern, wobei kaum eine ohne Ausnahmen bleibt (Zagrods'kyj 1952,94f., Ukrainskaja grammatika 1986, 135f.u.a.). In der Regel geben die vorhandenen Wörterbücher der ukrainischen Sprache über den Genitiv Singular der entsprechenden Maskulina Auskunft.

Die Verwendung der beiden Endungen im Weißrussischen ergibt ein ähnliches Bild, wobei die Endungsvarianten bei ein und demselben Substantiv breiter zugelassen sind.

Die Frage nach der starken Verbreitung der Genitiv-Endung der unproduktiven *u-Deklination im Ukrainischen und im Weißrussischen gilt als nicht geklärt (Bezpal'ko u.a. 1962,211. vgl. Obnorskij 1927,I,99f., Bulachovskij 1953,II,123f., Šachmatov 1957,241).

Ich möchte hier folgende Vermutung aufstellen.

Wie auch die o.g. Ausführungen zum Russischen zeigen, sind die Genitiv-Formen auf -u im "Gesprochenen" (wie in der Geschichte, so auch in der Gegenwart) weit verbreitet. Durch die Diglossie-Situation im Russland des 11.-17. Jh. war "das Gesprochene", das Einheimische (das Ostslawische) dem Nichtnormierten gleichgestellt. (Als Normiertes galt das nichtgesprochene Kirchenslawische). Bei der Herausbildung der neuen russischen Standardsprache im 18. Jh. wurde die Orientierung auf das normierte Kirchenslawische in gewisser Weise beibehalten: So waren die für das Kirchenslawische charakteristischen Genitiv-Formen auf -a der alten *o-Deklination im Russischen als Norm kodifiziert, der partitive Genitiv auf -u seit Anfang des 19.Jh. als Normvariante festgelegt.

Das Ukrainische und das Weißrussische kennen in ihrer separaten Entwicklung keine so starke Gegenüberstellung zum Kirchenslawischen. Die Entwicklung dieser Standardsprachen war im wesentlichen auf sich selbst (auf das Einheimische) gerichtet auch in der Zeit, als das Ukrainische und das Weißrussische als Mundarten (also das Gesprochene) des Großrussischen betrachtet wurden. So entfiel die Notwendigkeit, das Einheimische, das Gesprochene als Nichtnormiertes zu identifizieren. Die Trennung der -a und -u-Formen, als stilistische oder normgebundene Varianten erfolgte nicht, sie wurden in vollem Umfang aus der "Volkssprache" übernommen.

Die Anzahl der u-Formen nimmt in ukrainischen Urkunden ab dem 14.Jh. ständig zu (Bevzenko u.a. 1978,90; vgl. Kuraszkiewicz 1934, Kernic'kij 1967), dabei ist für diese Entwicklungsperiode ein zu vermutender westslawischer (polnischer) Einfluss auszuschließen: der Genitiv Singular auf -u tritt in polnischen Schriften des 14.Jh. nur in Verbindung mit alten *u-Stämmen auf (Slon'ski 1934,46).

Ein ähnlicher Prozess (die Zunahme der Genitiv-Formen auf -u) ist auch im Standardukrainischen der Gegenwart (im Gegensatz zum Russischen) zu verzeichnen (Zatovkanjuk 1975,93; vgl. Lomtev 1961,80).

Diese Tendenz unterscheidet sich jedoch meiner Meinung nach von der oben genannten historischen Tendenz (d.h. von der Orientierung auf das Gesprochene). Ich sehe hier eine bewusste Lenkung der sprachlichen Norm , indem vorwiegend Endungen der alten *u-Deklination verwendet werden, um Analogien zum Russischen zu vermeiden. Dies ist auch für die anderen Kasus im Ukrainischen charakteristisch, wie ich im weiteren zeigen werde.

Dativ Singular

Die untersuchten Maskulina weisen im Russischen und im Weißrussischen die reguläre Endung - u , im Ukrainischen Endungsvarianten -ovi/evi, -u auf, die sich als Reste der alten *u- und *o-Deklination erweisen (vgl. Bsp.8 ).

Das Zusammenwirken der Endungsvarianten -u, -ovi im Dativ Singular ist schon dem Altkirchenslawischen und in gewisser Weise dem Altrussischen bekannt: die Endung der *u-Deklination -ovi/(evi) wird für Personenbezeichnungen, in erster Linie bei Eigennamen und Entlehnungen, verwendet (vgl. Bsp.9 ).

In der ukrainischen Standardsprache treten die beiden Endungen -ovi und -u bezüglich ihrer morphologisch-syntaktischen Bedeutung als gleichberechtigte Dubletten auf, wobei die Endung -u seltener vorkommt.

Der Gebrauch der Endung -u wird nur den Maskulina mit bestimmtem Stammauslaut, so auch bei der Häufung von Maskulina der 2.Deklination im Dativ Singular vorgeschrieben (vgl. Bsp.10 )(Zagrods'kyj 1952,95).

Die Endung -ovi wird bevorzugt, um eine unerwünschte Homonymie der Genitiv- und Dativ-Endungen zu vermeiden (vgl. Bsp.11 ). Die Endung -u kann mit Subjekt- oder Objektbedeutung gedeutet werden, z.B.: dopomoga narodu . Dagegen besteht in dopomoga narodovi eine eindeutige Objektbedeutung (vgl. russ. pomošc´ naroda – Subjektbedeutung und pomošc´ narodu – Objektbedeutung) (Ukrainskaja grammatika 1986,138).

Hier sehe ich eine Kontinuität, die Endungen der alten *u-Deklination (im Gegensatz zum Russischen) im gesamten Paradigma bevorzugt zu verwenden. Die Tatsache, dass die Endung -ovi im Westpolesje, den südwestlichen und südostlichen Dialekten und die Endung -u in den Mundarten des Ost- und Mittelpolesje, die bekanntlich als Grundlage der ukrainischen Standardsprache gelten, verbreitet sind, stützt nur meine Vermutung bezüglich der neuen Normierungstendenz im Ukrainischen. Zu dieser Tendenz gehört m.E. auch die Expansion der Endung -ovi auf unbeseelte Substantive. Die Opposition -ovi=beseelt:-u=unbeseelt, wie sie Zatovkanjuk 1975 (111f.) verzeichnete, wird auch in der Standardsprache allmählich aufgehoben. Die Endung -ovi für unbeseelte Maskulina gilt in der Ukrainskaja grammatika von 1986 als normgerecht (Ukrainskaja grammatika 1986, 138).

In altukrainischen Schriftdenkmälern des 14.Jh. kommen zunächst die Formen des Dativs auf -u häufiger vor. Aber schon in den Urkunden des 14.-15.Jh. tritt die Endung -ovi verbreitet auf, dabei nicht nur bei Personenbezeichnungen (vgl. Bsp 12 ).

Die Endung -ovi/-evi war auch in den südwestlichen weißrussischen Dialekten anzutreffen. Das Standardweißrussische bildete sich aber auf der Basis der mittelweißrussischen Dialekte heraus. So gilt die Endung -ovi heute nicht als Normvariante. Die Verbreitung der Endung -ovi in altweißrussischen Schriftdenkmälern aus dem 16.-17. Jh. wird dem Einfluss der polnischen Schriftsprache zugeschrieben (Bulyka u.a. 1979,32).

Präpositiv Singular

wird übrigens im Ukrainischen und im Weißrussischen immer noch Lokativ genannt (ukr. miscevij vidminok, wruss. mesny sklon ), obwohl er ohne Präpositionen, wie im modernen Slawischen im allgemeinen, nicht mehr vorkommt und als "eine automatisierte Kongruenzform" (MAREŠ 1973,58) fungiert.

Die untersuchten Maskulina haben in diesem Kasus zahlreiche Endungsvarianten, die sich in allen drei ostslawischen Standardsprachen erheblich unterscheiden: im Russischen – -e , -u ; im Ukrainischen – - ovi/evi , -u , - i ; im Weißrussischen – -e, -u, -i/y – und auf die alten *o- und *u-Deklination zurückgehen, wobei die Endung der weichen Variante -i durch die der harten Variante -e bei der Substantiven der *o/jo-Deklination ersetzt wird (vgl. Bsp.13 ).

Im Standardrussischen der Gegenwart kann die Endung -e alle morphologisch-syntaktischen Bedeutungen des Präpositivs decken. Die Endung -u (immer betont) tritt in Verbindung mit den Präpositionen v und na in einer abgegrenzten Gruppe der Maskulina auf. Grundsätzlich wird die Endung -u als Variante zur Endung -e mit lokaler oder temporaler Bedeutung betrachtet. Auf die Polysemie dieser zweifelsohne alten Erscheinung gehe ich hier nicht ein, (vgl. FREIDHOF 1977), bemerke nur, dass zum Ausdruck der lokalen Bedeutung (Ptosis jungens staticus, MAREŠ 1962,15), welche heute die Präposition v übernimmt, in der historischen Periode des Slawischen keine Präpositionalverbindung notwendig war (vgl. Bsp.14 ).

Der Gebrauch von u- und e-Formen mit lokaler Bedeutung ist im Standardrussischen stilistisch markiert. Dabei gehören die Formen auf -e der "Buchsprache" an bzw. sind veraltet (ottenok kniznosti ili ustarelosti). Die Formen auf -ú sind für den neutralen Stil und das Gesprochene (razgovornaja rec´) charakteristisch (vgl. Bsp.15 ) .

Eine ähnliche Distribution der beiden Präpositiv-Formen schildert M.V.Lomonosov in seiner Grammatik. Er verzeichnet die Formen auf -u nur mit lokaler oder temporaler Bedeutung besonders bei Substantiven, die den Genitiv auf -u aufweisen, und schreibt diese der "einfachen Rede" (prostomu slogu) zu. Die Formen auf -e dagegen sind im gehobenen Stil ("v štile vysokom, gde Rossijskij jazyk k Slavenskomu klonitsja") präsent (vgl. Bsp.16 ).

Bei der Festlegung der Norm zu Beginn des 19.Jh. spielt anscheinend auch die Kodifizierung auf der Textebene in Werken der schönen Literatur eine wesentliche Rolle. So analysiert KOZIN 1979 die Präpositiv-Formen auf -e und -u bei A.S.PUSKIN und stellt fest, dass ihre Variabilität die vorgeschriebenen Normen in der Grammatik Vostokovs von 1831 beeinflusst.

Die altrussischen Schriften noch aus dem 15.- 17.Jh. zeigen, dass die Präpositiv-Formen auf -u im "gesprochenen" Russischen (d.h. nicht im Kirchenslawischen, sondern in der Kanzleisprache) weit verbreitet und nicht durch betonte Endung oder Verbindung mit den Präpositionen v und na sowie mit unbeseelten Substantiven begrenzt waren (vgl. Bsp.17 )

Formen pri otcu, pri dedu sind auch heutigen großrussischen Mundarten bekannt (vgl. Bsp.18 ).

In der ukrainischen Standardsprache ist die Endung -ovi/evi die am meisten verbreitete. Sie gilt als eine Besonderheit des Ukrainischen, wie in der Standardsprache, so auch in den Mundarten. Die Grammatiken beschreiben diese als typische Endung der beseelten Substantive. Aber auch bei unbeseelten Maskulina ist sie normgerecht zugelassen, wenn auch auf das Gesprochene begrenzt (Ukrainskaja grammatika 1986,141f.). Wie meine Beobachtungen jedoch ergaben, kommen unbeseelte Substantive im Präpositiv auf -ovi nicht nur in belletristischen und publizistischen (vgl. Zatovkanjuk 1975, 145), sondern auch in wissenschaftlichen Texten vor (vgl. Bsp.19 ). Dies zeugt m.E. von einer enormen Produktivität und weiteren Verbreitung des Präpositivs auf -ovi in der ukrainischen Standardsprache.

Alle drei Endungsvarianten - ovi/evi , -u , - i treten hinsichtlich ihrer morphologisch-syntaktischen Bedeutung als gleichberechtigte Dubletten auf und sind in der Standardsprache der Gegenwart (vergleichbar mit historischem Zustand) bei ein und demselben Substantiv zugelassen (vgl. Bsp.20 )

Wie die Ukrainskaja grammatika von 1986 konstatiert, ist es unmöglich, auch auf der Ebene der lexikalischen Bedeutung des Substantivs die strengen Gesetzmäßigkeiten für die Bevorzugung einer Endungsvariante festzustellen. Bestimmte Regeln lassen sich eher aus den Verbindungen mit bestimmten Präpositionen erkennen (Ukrainskaja grammatika 1986,140). Dabei spielt die Polyfunktionalität des Kasus und die Möglichkeit der polysemen Präpositionen, unterschiedliche Kasusbedeutungen zu unterstützen, im Grunde genommen keine wesentliche Rolle (vgl. Bsp.21 ). So wird bei den Präpositionen v/u, na, pri, po1(=pislja) die Endung - i bei der Präposition po2 die Endung - u als "normativ" empfohlen, obwohl auch die beiden anderen Endungsvarianten zugelassen sind. Man könnte scheinbar nur bei der Präposition po2 in ihrer distributiven und attributiven Funktion die Endung - u als einzig mögliche anerkennen.

Wenn die Endungen -u und - i auf die regulären Präpositiv-Endungen der historischen *u- und *o-Deklinationen zurück gehen, entsteht die Präpositiv-Endung -ovi/evi im Ukrainischen als Folge einer Transposition von Endungen innerhalb eines Paradigmas. Die Dativ-Endung der alten *u-Deklination expandiert in den Lokativ. Der Kasussynkretismus zwischen Dativ und Präpositiv erfasst im Ukrainischen drei Wortarten: das Substantiv, das Adjektiv und das Pronomen (Zatovkanjuk 1975,144). Ein derartig weitgefaßte Dativ-Präpositiv-Synkretismus ist den anderen slawischen Sprachen nicht bekannt.

Die Präpositiv-Formen auf -ovi kommen exemplarisch bei Personenbezeichnungen schon in altukrainischen Schriften aus dem 14.-16.Jh. vor. Ab 17.Jh. werden sie immer häufiger (vgl. Bsp.22 ).

Die Verbreitung der Präpositiv-Endung -ovi in den Urkunden und anderen Schriften fällt in die Zeit der intensiven Herausbildung der ukrainischen Schriftsprache und bezeugt, dass die Formen auf -ovi das gesprochene Ukrainische dieser Periode beherrschten.

So besitzt das Standardukrainische im Präpositiv Singular zwei ursprüngliche Endungen der alten *u-Deklination. Dabei gewinnt die "neuere" Endung -ovi auch heute immer mehr Einfluss. Diese Tatsache unterstützt m.E. meine Vermutung über eine besondere Rolle der Endungen der *u-Deklination bei der Kodifizierung der Norm in der ukrainischen Standardsprache der Gegenwart.

Im heutigen Weißrussischen lässt sich im Gegensatz zum Russischen und Ukrainischen die Vielfalt der Endungen des Präpositivs auf die bewahrte traditionelle Unterscheidung von harten und weichen Stämmen zurückführen. Dennoch setzt sich die Endung -u der alten *u-Deklination bei den Personenbezeichnungen kontinuierlich durch (vgl. Bsp.23 ) . (Erinnern wir uns, dass im Ukrainischen die Endung -ovi und im Russischen die reguläre Endung -e bei beseelten Substantiven, d.h. auch bei Personenbezeichnungen bevorzugt wird).

Zusammenfassung

Abschließend möchte ich wie folgt zusammenfassen.

  1. Die drei ostslawischen Sprachen verwalten ihr gemeinsames urslawisches Erbe im nominalen Deklinationssystem recht unterschiedlich. Dies hängt m.E. mit den verschiedenen Voraussetzungen zusammen, die die jeweilige Schrift- bzw. Standardsprache für ihre Entwicklung vorfand:
    • Die Diglossie-Situation für das Russische. Sie bewirkt die Orientierung der sich herausbildenden neuen Standardsprache auf das normierte Kirchenslawische. Im nominalen Paradigma werden die Endungen der *o-Deklination kodifiziert, die einzelnen Endungen der *u-Deklination (die für das Gesprochene charakteristisch waren) als Normvarianten zugelassen.
    • Kein so starker Einfluss des Kirchenslawischen auf das Ukrainische und das Weißrussische . Die Orientierung bei der Herausbildung der Schrift- (und später der Standard)sprache auf das Gesprochene, das Einheimische, lässt die ganze Vielfalt der in der Volkssprache bewahrten "urslawischen" Endungen zu. Sicher bleibt die in einem derartigen Entwicklungsvorgang übliche Orientierung auf eine bestimmte Dialektgruppe (besonders für das Weißrussische) beibehalten.
  2. Alle drei ostslawischen Standardsprachen der Gegenwart machen von der Endungsvielfalt des gemeinslawischen Erbes in bezug auf den Ausdruck der Polyfunktionalität der Kasus kaum oder immer weniger Gebrauch . Die beiden Endungen -u der historischen *u-Deklination, die im 19.Jh. für den partitiven Genitiv und den Lokativ im Russischen kodifiziert wurden, sind heute im Rückgang begriffen. Die zahlreichen Endungsvarianten im Ukrainischen und Weißrussischen funktionieren in der Regel bezüglich ihrer morphologisch-syntaktischen Bedeutung und stilistischen Markierung als gleichberechtigte Dubletten.
  3. So fungieren die Endungsvarianten aus dem gemeinslawischen Erbe auch in den ostslawischen Standardsprachen der Gegenwart eher als Relikte der historischen Deklination nach den traditionell bewahrten Prinzipien : das morphonologische Prinzip in Verbindung mit dem historischen Stammauslautprinzip und die Verwendung bestimmter Endungen bei Substantiven bestimmter im Rahmen des alten Deklinationssystem entstander lexikalisch-semantischer Gruppen, die auch die Unterscheidung zwischen beseelt/unbeseelt abdecken.
  4. Dennoch setzt sich allem Anschein nach im Standardukrainischen der Gegenwart im Singular-Paradigma der Maskulina ein neuer Normierungsprozess durch. Die hier vollständig bewahrten alten Endungen der *u-Deklination werden als Varianten in allen Kasus bevorzugt, wodurch vermutlich ein "Abrücken" des Standardukrainischen vom Standardrussischen (und auch der Unterschied zum Standardweißrussischen) im Sinne "der Stärkung spezifischer Züge" durch "die Modifizierung von System und Normen" (nach GUTSCHMIDT 1995) angestrebt wird.

Beispiele

  1. Aksl. plodß (*o-Deklination), synß (*u-Deklination), bratrß (konsonantische Deklination, früh in die *o-Deklination übergegangen, auch bratß) -> russ. plod, syn, brat (1.Deklination); ukr. plid, syn, brat (2.Deklination); wruss. plod, syn, brat (1.Deklination)

    Aksl. kon´ (*jo-Deklination), gost´ (*i-Deklination) -> russ. kon´, gost´ (1.Deklination); ukr. kin´, gist´ (2.Deklination); wruss. kon´, gosc´ (1.Deklination)

  2. Nominativ auf -e bei Maskulina im Russischen: Rodivane, gospodine, dvore, moroze (Birkenrinden-Urkunden des 11.-15.Jh. aus dem Raum Pskov-Novgorod), Petre, pse, bratke (heutige Pskov-Novgoroder Dialekte). Vgl. Standardrussische: Rodion, gospodin - 'Herr', dvor 'Hof', moroz 'Frost', Petr, pes 'Hund', brat 'Bruder'.

    Der neue Vokativ im russischen Prostore⁄ie bei Substantiven der 2.Deklination: mam! (< N.Sg. mama ); Vas'! (< N.Sg. Vasja ); Tan'! (< N.Sg. Tanja ).

  3. Singular-Endungen der Maskulina

    Russisch Ukrainisch Weißrussisch
    1.Deklination 2.Deklination 1.Deklination
    N. -ø, -o -ø, (-o)
    G. -a, -u -u, -a -a, -u
    D. -u -ovi/evi/jevi, -u -u
    A. -ø, -a -ø, -a -ø, -a
    I. -om/em -om/em -om/am/em
    P. -e, -u -ovi/evi/jevi,-u,-i/ji -e, -u, i/y
    V. - -u, -e (-e, -u, -a)
  4. Genitiv Singular: Volodimira (*o-Deklination) - Ostr.-Ev. 1056-1057; ospodarja (*jo-Deklination) - Trinkschaleninschrift 1151; iz domu svoego (*u-Deklination), da ne vem´ puti (*i-Deklination), do d´n´s´njaago d´ne (konsonantische Deklination) - Sinait. Paterikon 11.-12.Jh.

    Maskulina der *o-Deklination mit der Genitiv-Endung der *u-Deklination: ne chostu chlebu (Sinait. Paterikon 11.-12.Jh.), do tßrgu (Novgoroder Chronik 13.-14.Jh.), gorochu (Russkaja Pravda 1282); auch umgekehrt: pace meda (Pandekten des Antiochs, Ende des 11.Jh.), syna (Izbornik 1076)

    die Endung der *i-Deklination bei Maskulina der konsonantischen Deklination: ne videchomß svetla dni (Novgoroder Chronik 13.-14.Jh.)

    Endungsvarianten bei ein und demselben Substantiv: Donu und Dona (Igorlied)

  5. Genitiv Singular im Standardrussischen: nur in zwei Fällen wird die u-Endung obligatorisch vorgeschrieben: in Phraseologismen vom Typ so vsego machu 'mit voller Wucht', s boku na bok 'von einer Seite auf die andere (wälzen)' und bei endbetonten Deminutiva mit quantitativer Bedeutung, vgl. medkú 'etwas Honig', cajkú 'etwas Tee' (Russkaja grammatika 1980, 487f.).

  6. Svjatago Duch a 'des heiligen Geistes', celoveceskago dolg a 'der Menschenpflicht', Angel´skago glas a 'der Engels Stimme'; rozovago duch u 'des Rosenduftes' , proslogodnago dolg u 'der Schuld vom vergangenen Jahr' , pticjja golos u 'der Vogelstimme' (Lomonosov 1952,457f.)

  7. Genitiv auf -u in heutigen großrussischen Mundarten: iz gorod u 'aus der Stadt', s ostrov u 'von der Insel' , do ma ju 'bis Mai', most u ja ne moju 'den Fußboden schrubbe ich nicht' (Nord-Großrussisch, Oloneck); ot zenich u 'vom Bräutigam', ot otc u 'vom Vater' (Süd-Großrussisch, Cernych 1954,179)

  8. Dativ Singular: blizoku (*o-Deklination) - Ostr.-Ev.1056-1057; muzju (*jo-Deklination) - Izbornik 1076; radost´ mirovi (*u-Deklination) - Uspenskij Sbornik 12.-13.Jh., k´ zjati (*i-Deklination) - Novgoroder Chronik 12.-13-Jh.; kß edinomu kameni (konsonantische Deklination) - Sinait. Paterikon 11.-12.Jh.

    Endungen der *o-Deklination bei Substantiven der *u-Deklination: synu clvc´sku (Ostr.-Ev.1056-1057), k domu (Archangel'sk-Ev.1092); auch umgekehrt: muzevi , duchovi , konevi (Izbornik 1076).

    Endungsvarianten bei ein und demselben Substantiv: muzju - muzevi (Izbornik 1076), glebu - glebovi (Uspenskij Sbornik 12.-13.Jh.)

  9. Dativ bei Personenbezeichnungen im Altrussischen: Laurentius-Chronik 1377: Igorevi , Batyevi , Glebovi , Moisievi ; Mstislav-Urkunde 1130: Georgievi , aber synu ; vgl. auch die Briefanfänge Novgoroder Birkenrinden-Urkunden: otß gjurgeja kß ot´cevi (Nr.424, Anfang des 12.Jh.), otß gostjaty kß vasil´vi (Nr.9, Ende des 12.Jh.), otß stepana ko nezilovi (Urkunde aus Vitebsk, 13.-14.Jh.), aber ko spiroku (Nr.439, 12.-13. Jh.), otß solmira kß nez´ku (Urkunde Nr.7 aus Staraja Russa).

  10. Gebrauch der Dativ-Endungsvarianten im Standardukrainischen: 1). in Abhängigkeit vom Stammauslaut: ostr iv - ostrov u , Ky jiv - Kyjiv u , Vorobj ov - Vorobjov u , Gars in - Garsin u ; 2). bei der Häufung von Maskulina der 2. Deklination: poet ovi Sevcenk u oder poet u Sevcenk ovi - 'dem Dichter Sevceko'.

  11. ukr.: dopomoha narod u (G.Sg. und D.Sg.), dopomoha narod ovi (D.Sg.) - 'Hilfe für den Volk'; vgl. russ.: pomosc´ narod a (G.Sg.) 'Hilfe des Volkes' und pomosc´ narod u (D.Sg.) 'Hilfe für den Volk'.

  12. Dativ auf -ovi in altukrainischen Schriftdenkmälern: Ivanovi Gube protodyjakonovi , ego bratu Xodorovi, zjatevi Ivaskovi (Urkunde 1378), lystovi 'dem Brief' (Urkunde 1391), lesovi 'dem Wald' (Urkunde 1413)

    Substantive mit beiden Endungsvarianten: korolju (Rozov 1917,30, 1386) - korolevi (Rozov 1917,6, 1352); k ß monastyrevi (Rozov 1917, 26, 1378) - k ß monastyrju (Rozov 1917,174, 1459)

  13. Präpositiv Singular: Kyjeve (*o-Deklination) - Ostr.-Ev.1056-1057; na pesßce (*o-Deklination), o korabli (*jo-Deklination), na ogni sßz´ze (*i-Deklination) - Sinait. Paterikon 11.-12.Jh.

    Endung der -*u-Deklination statt *o-Deklination: vß rodu - (Izbornik 1076), na tßrgu (Russkaja Pravda 1282); auch umgekehrt: vß mire (Sinait. Paterikon 11.-12.Jh.)

    Endung der -*i-Deklination statt konsonantischer Deklination: na kameni (Sinait. Paterikon 11.-12.Jh.)

    Ersatz von Endung der weichen Variante -i durch die der harten Variante -e bei der Substantiven der *o/jo-Deklination: pri anatiolie (Triodion Mojsej Kijanins 12.-13.Jh.)

  14. Ostromir-Evangelium 1056-1057, Nachwort: samß ze izjaslavß kßnjaz´ pravljaase stolß oca svoego jaroslava kyjeve A brata svoego stolß poruvci praviti blizoku svoemu ostromiru novegorode - 'Fürst Izjaslav saß auf dem Thron seines Vaters Jaroslav in Kiev selbst, aber den Thron seines Bruders in Novgorod vertraute er seinem Schwager Ostromir an.'

  15. Stilistische Markierung der Präpositiv-Endungen im Standardrussischen: v adú / v áde ustar. 'in der Hölle' v supú razg. /v súpe 'in der Suppe' (Russkaja grammatika 1980, 489)

  16. Stilistische Markierung der Präpositiv-Endungen bei Lomonosov: chodit ´ vß svete lica Gospodnja 'im Licht des Gottes Angesichts sich bewegen' / v ß svetu stojat´ 'im Licht stehen'

  17. Präpositiv-Formen auf -u in altrussischen Schriften: pri pope Paruch u , pri kjazi pri Boris u , pri pope Fedos u (Pskover Urkunden aus dem 14.Jh.); pri gospodin u (Novgoroder Birkenrinden-Urkunde Nr.140,13.-14.Jh.); bit ´ celom o sysk ú ; o dolg ú tjaglych ljudej; o tretejskom sud ú ; o nedel´scikove Ezd u ; v kotorom gód u ; v osadnom spisk u (Altmoskauer Ulozenie von 1649)

  18. Präpositiv-Formen auf -u in heutigen großrussischen Mundarten: pri otcu 'bei dem Vater', pri dedu 'bei dem Großvater' (Pskover Dialekte, Eselevic 1963,251); na kúm u 'auf dem Gevatter', pri brátu 'bei dem Bruder', ab druhu 'über den Freund (sprechen)' , pri kanc ú 'am Ende' , pri vecir u 'am Abend', na byk ú 'auf dem Stier' (süd-großrussische Dialekte, Ûernych 1954,180; Kuznecov 1953,75)

  19. Präpositiv-Formen auf -ovi in ukrainischen wissenschaftlichen Texten: ...zlyttja davn´orus´kych [i] ta [y] v odnomu zvuk ovi [i]...; ... sco realizuvalas´ u zvuk ovi verchn´ogo pidnjattja... '...Zusammenfall der altrussischen [i] und [y] in einem Laut [y] ...; ... die sich in einem Laut der oberen Zungenlage realisierten ...' (aus ˇovtobrjuch u.a.: Istory⁄na hramatyka ukrajins'koji movy, Kiev 1980,91)

  20. Präpositiv-Endungsvarianten bei ein und demselben Substantiv im Ukrainischen: Standardsprache - na kozak ovi / na kozak u / selten na kozac i 'auf dem Kosaken'; na vcytel evi / na vcytel ju / selten na vcytel i 'auf dem Lehrer'; na tovarys evi / na tovarys u / selten na tovarys i 'auf dem Genossen'; altukrainische Schriften - pri ataman e / pri ataman i / pri ataman u 'bei dem Ataman' (APGU 17.Jh., I,192; II,62; I,96)

  21. Präpositiv-Endungsvarianten in Verbindung mit bestimmten Präposi-tionen im Standardukrainischen: v/u , na , pri , po 1 (=pislja) - die Endung - i/ji als "normativ" empfohlen: pracjuvaty v instytuti 'im Institut arbeiten' - laboratoryja pri instytuti 'Labor gehört dem Institut an', rosty u lisi 'im Wald wachsen' - rozumitysja na lisi 'etwas vom Wald verstehen', po pryjizdi 'nach der Ankunft', aber auch v haji - v haju 'im Hain', na snigu 'auf dem Schnee', na rusnykovi 'auf dem Handtuch', u zvukovi (vgl. Bsp. 19), pri colovikovi 'neben dem Ehemann' - lokale Bedeutung, v boju 'während der Schlacht', v strybkovi 'während des Sprunges', pri obsukovi 'während der Durchsuchung', po rokovi ne pyse lystiv 'schreibt jahrelang keine Briefe' - temporale Bedeutung;

    po2 - die Endung - u als "normativ" empfohlen: daty studentam po arkusu paperu 'jedem Student einen Papierbogen geben', po karbovancju za kilo 'eine Mark pro Kilo' - distributive Bedeutung, tovarys po instytutu 'Studienkollege' - "attributive" Bedeutung, aber po lystju - po lysti 'auf dem Blatt', po svitovi 'durch die Welt' - lokale Bedeutung.

  22. Präpositiv-Formen auf -ovi in altukrainische Schriften: pri archimandrit ove Fodosi eve (Pescak 1974,134, 1398); pri mne buducimi Sidor ovi, Bezborodcenk ovi , Naum ovi , Omeljan ovi, Poluljach ovi (Bor.akt. 1673), pri panu Fedorove Sepel eve (APGU 17.Jh., I,80)

  23. Präpositiv-Formen auf -u bei Personenbezeichnungen im Standardweißrussischen: ab brat u 'über den Bruder (sprechen)'; ab pesnjar u 'über den Sänger (sprechen)'; ab vucn ju 'über den Schüler (sprechen)'.

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