Das Gralis Akzentarium
Akzent
Der Akzent ist in einigen Sprachen an eine gewisse Position innerhalb eines Wortes gekoppelt. Einige Sprachen besitzen nur einen einzigen Akzent, der an eine fixe Silbe gebunden sein kann, nämlich an die erste , zweite, drittletzte (die sog. Antepenultima), vorletzte (die sog. Penultima) und an die letzte Silbe (die sog. Ultima). Dabei kann der der Akzent frei und beweglich sein und sich auf allen Silben oder auf der Mehrzahl der Silben befinden. Andere Sprachen verfügen über zwei, drei oder mehrere Akzente. Zur Gruppe der Sprachen mit fixem Akzent gehört z. B. das Tschechische (Betonung auf der 1. Silbe), das Polnische (Betonung auf der Penultima) und das Mazedonische (Betonung auf der Antepenultima). Ein typisches Beispiel für einen freien und beweglichen Akzent stellen das Russische und das Slowenische dar, in denen der Akzent auf jeder beliebigen Silbe liegen kann.
Die schwierigste Situation trifft man im Bosnischen/Bosniakischen, Kroatischen und Serbischen an, wobei dies gleich mehrere Gründe hat:
- Der Akzent ist nicht fix an eine Silbe gebunden,
- er kann innerhalb von Paradigmen sehr oft beweglich sein (in der Deklination oder in der Konjugation kann sich seine Qualität oder Quantität ändern; manchmal auch ein Vorziehen auf eine Präposition erfolgen),
- es liegen vier Akzente (lang steigend, kurz steigend, lang fallend, kurz fallend) und eine posttonale Länge vor, und
- es gibt nur einige wenige Regeln (fallende Akzente können niemals außerhalb der ersten Silbe stehen, einsilbige Wörter verfügen ausschließlich über fallende Akzente, der Akzent kann auf allen Silben, ausgenommen auf der letzten zum Liegen kommen).
Einige štokavische Dialekte des BKS (z. B. zetsko-južnosandžački govori – die Mundarten von Zeta und des Südsandžak). Ein Drei-Akzent-System ist für die slowenische Sprache und für čakavische und kajkavische Dialekte charakteristisch. Innerhalb all dieser Strukturen ist eine Orientierung oftmals nur sehr schwer möglich, wobei dies nicht nur für all jene, gilt, die BKS als Fremdsprache lernen, sondern auch für Personen mit BKS als Muttersprache zutrifft. Allein die Tatsache, dass einzig philologisch ausgebildete Sprechende die Akzente korrekt erfassen und verzeichnen können, zeugt von der Schwierigkeit dieser Thematik, die beim Erlernen des BKS das wohl größte Problem darstellt.
Aus eben diesen Gründen wurde im Rahmen des Projektes „Die Unterschiede zwischen dem Bosnischen/Bosniakischen, Kroatischen und Serbischen“ der Versuch unternommen, ein Online-Programm zu entwickeln, das für all jene Personen eine Hilfe darstellen möge, die die Akzente des BKS erlernen oder diese untersuchen möchten. Das somit im Rahmen des Gralis Speech-Korpus erarbeitete Gralis-Akzentarium stellt ein Programm für die Erfassung, Bearbeitung und Analyse der Akzente des Bosnischen/Bosniakischen, Kroatischen und Serbischen. Das Akzentarium wurde auf Basis einer MySQL-Datenbank entwickelt und besteht aus zwei Teilen – dem so genannten Akzentor (für den automatischen Eintrag von Akzenten) und dem Interface für die Auffindung und Analyse bestimmter Akzente.
Die Akzentsymbole im Gralis-Akzentarium
Z. B.:
Die einzige Ausnahme in der graphischen Darstellung stellt der kurz fallende Akzent für r dar, für den kein entsprechendes Zeichen im Unicode-Schriftsatz vorhanden ist, weshalb an dessen Stelle ṙ verwendet wird. Als Schriftart für die Darstellung der Akzentsymbole dient DoulosSil IPA, der jederzeit auch aus Gralis heruntergeladen werden kann.
Gralis-Akzentarium
Das Suchinterface
Neben dem oben dargestellten Interface wurde für die Suche eine weitere Benutzeroberfläche entwickelt, in deren Mitte sich ein Fenster für den Eintrag eines gesuchten Lexems befindet. Ein in dieses Fenster eingetragenes Wort (bzw. auch eine Wortform) kann sodann in sämtlichen Quellen des Gralis-Akzentariums gesucht werden, wobei bei Anwahl dieser Option und Einfügen eines nicht akzentuierten Wortes (hier: televizija ) folgendes Ergebnis zu Tage tritt:
Quellen
Das Akzentarium beinhaltet ausschließlich Material aus Quellen, für die eine schriftliche Einverständniserklärung seitens der TrägerInnen der Urheberrechte vorliegt, wobei die Information zur Quelle durch einen Klick auf erscheint.
Beispiel einer Quellenangabe
Ein bestimmtes Lexem kann auch nur innerhalb einer einzigen Sprache und innerhalb einer einzigen Quelle gesucht werden, wie etwa im „Mali akcenatski rečnik“ der serbischen Sprache von Milorad Dešić (2001).
Wahl einer bestimmten Quelle
Für die Zukunft ist eine Ausweitung des Gralis-Akzentariums auf die beiden anderen Studienrichtungssprachen des Grazer Institutes für Slawistik geplant (russisch und slowenisch), die mit dem Akzentarium für die Sprachen bosnisch/bosniakisch, kroatisch und serbisch in direktem Zusammenhang stehen werden, wodurch ein Medium für effiziente und technisch leicht durchführbare kontrastive Analysen geschaffen werden soll.